Grenzen des Geldes – ein erster philosophischer Abriss über das Wesen des Geldes

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Die Welt ist dominiert von Spekulationsblasen in allen Bereichen (Foto:Hartwig)

Die Leistungskraft der Reichen zeigt sich in höheren Löhnen wieder. Diese Philosophie ist, wie ich im letzteren Artikel zu den Grenzen des Reichtums gezeigt habe, auch insofern legitim, als dass die Leistung des Einzelnen, die nur im Rahmen der Gesellschaft möglich ist, immer auf die Gesellschaft zurück bezogen bleibt. Es kommt auf eine soziale Kosten-Nutzen-Rechnung an, ob Reichtum gerecht ist oder nicht. Das heißt, vor allem die Frage, was kann eine Gesellschaft an Reichtümern zulassen, steht im Mittelpunkt. Wieviel kostet der Reiche die Gesellschaft und wieviel gibt er der Gesellschaft vor allem mit der Erwirtschaftung seines Reichtum zurück? Was sind die Grenzen seines Reichtums? Zur Beurteilung dieser Frage spielt dabei eine geringere Rolle, ob ein Reicher spendet. Um dies zu verdeutlichen mal folgendes Beispiel: Angenommen ein Gaddafi, der reichste Mann der Welt mit geschätzten 80 Milliarden, spendet. Würden wir hier sagen: Immerhin einer tut etwas? Nein, denn dieses Geld hat er doch der Gesellschaft zuvor durch ungerechtfertigte Macht entwendet. Wie sich bei Gaddafi also die Frage nach seinem Vermögen stellt, so stelle ich bei jedem Reichen die Frage, wie er sein Geld verdient hat. Die philosophische Frage nach einer Wirtschaftsethik kommt also auf. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass nicht aller Reichtum, den Gesellschaften heute als legal behandeln, tatsächlich moralisch ist. Gesellschaften müssen sich in Zukunft entscheiden, was Reichtum sein soll. Dies ist vor allem eine Frage der Gerechtigkeit, die kein Volkswirtschaftswissenschaftler ohne philosophische Überlegungen beantworten kann. Doch genauso wie die Volkswirtschaftswissenschaftler sich auf die Philosophie zu bewegen müssen, möchte ich mich umgekehrt auf die Volkswirtschaftslehre zu bewegen. Wie verdient der Mensch also?

Externalisierung von Kosten in die Natur

Die meisten Superreichen haben nicht nur von der Gesellschaft ihre Reichtümer erwirtschaftet, sondern auch in zweifacher Hinsicht aus der Natur entlehnt. Einerseits sind Rohstoffe zumeist das Rohmaterial zur Wertschöpfung. Eine Ausbeutung der Natur kann dabei eine große Rolle spielen (dies hatte ich bereits in meinem Artikel zum Externalisierung der Industrie von Risiken in die Umwelt dargestellt); andererseits ist auch der höhere Ressourcenverbrauch eines Reichen bedenklich. Zwar ist zumeist in den gehobenen Einkommensklassen ein höheres Umweltbewusstsein vorhanden, paradoxer Weise schlägt sich das allerdings nicht in der CO2-Bilanz nieder. Der arme Umweltrowdy ist da leider dem umweltbewussten Oberschichtler überlegen, weil er einfach weniger verbraucht. Der Reiche erbeutet und verbraucht also und erschwert damit die Zukunft der Menschen. Einen Verdienst erkenne ich dabei zunächst selten.

Reiche verbrauchen, ohne dass sie es bemerken. Dabei ist ihre größte Wertanlage der Planet. Allerdings ist am Planeten nicht die wirtschaftsethische Philosophie im Vordergrund, sondern der kurzfristige oder mittelfristige Gewinn dominiert das Geschehen. Aber kümmert dies notwendig den Reichen? Es ist davon auszugehen, dass bei etwaigen Umweltkatastrophen durch angehäuften Reichtum auch die Zukunft der reichen Kinder gesichert ist. Gerecht ist das nicht, denn als Menschen haben wir ideal alle die gleichen Rechte. Dieses ist nicht abhängig vom Verdienst gerät aber auch durch ungerechtfertigten Reichtum in Schieflage.

Kann es eine gerechte Gesellschaft geben?

Nun mag die Argumentation lauten: Insofern wir alles gleich verteilen würden, dann hätten wir vielleicht morgen, vielleicht übermorgen und wenn nicht, dann überübermorgen wieder dieselbe Verteilung. Wir würden irgendwann wieder Reiche und Arme haben. Dieses aber liegt nicht an individuellen Vorzügen der Reichen, sondern an systematisch günstig besetzten Positionen. Um das mal ganz einfach zu sagen: Es ist schon sehr wichtig, an welcher Stelle ich mich in einem System wieder- oder auffinde. Wäre ich im Kongo geboren, würde ich diese Zeilen hier mit aller Wahrscheinlichkeit nicht schreiben (was für den ein oder anderen eine Erleichterung sein mag, den ein oder anderen aber auch überhaupt nicht juckt – vor allem die im Kongo). Ich hatte schon an der Biografie eines Managers die Schwierigkeit aufgezeigt, einen Beweis, dass bestimmte Eigenschaften notwendig zu Erfolg führen, zu erbringen. Zum Erfolg gehören im Durschnitt immer noch Beziehungen, eine gut betuchte Familie und Glück. Das heißt nun nicht, dass ein Einzelner es nicht auch anders schaffen kann, ob er es aber aufgrund von hervorragenden Eigenschaften schafft oder ob Glück im Spiel ist, lässt sich wissenschaftlich nicht am Einzelfall bestimmen. Meines Erachtens zeigen uns daher all diese Ãœberlegungen, dass die Stelle, die wir im System einnehmen, eher eine Bedeutung hat, als spezifische Charaktereigenschaften und daher ist die nicht wünschenswerte Anballung von amoralischen Reichtümern eine Systemfrage (dennoch bezweifle ich nicht, das bestimmter Reichtum, die notwendigen Voraussetzungen von Charakterstärke enthält. Dies heißt aber nicht, dass jeder der Charakterstärke hat, es schafft, sondern nur umgekehrt, dass wer keine Charakterstärke hat, es mit Sicherheit nicht schafft.) Das heißt für mich ist oben und unten durch ein System bedingt und nicht unbedingt durch Leistung. Wer das System in Ansätzen versteht, hat Vorteile; nicht wer etwas leistet, schafft es notwendig. So ist es auch zu erklären, dass unsere Bildungselite nicht mehr in die Leistungsberufe investiert, sondern sich in Wirtschaftsschulen überlegt, wie Geld anzulegen sei. Die Systemfrage nach dem Reichtum kann daher auf den volkswirtschaftlichen Bereich des Geldes bezogen werden.

Geld

Geld hat Vorteile, aber es bringt auch erhebliche Nachteile mit sich. Das tatsächliche Wesen des Geldes ist nur sehr schwer zu erfassen. Wer weiß schon, wo es her kommt? Ein paar Zahlen auf dem Konto, ein paar Papierfetzen und Metallstücke in der Hand. Aber überlegen wir mal, hätte in unserem System niemand Geld, wer sollte es zunächst bekommen? Nun bei Wikipedia heißt es dazu:

„Geld kann durch das Zusammenspiel von Zentralbank, Kreditinstituten, Unternehmen, privaten Haushalten und öffentlicher Hand geschaffen werden. Der häufigste Weg der Geldschöpfung basiert auf der Gewährung von Krediten. Bargeld (Münzen, Banknoten) kann nur von der Zentralbank geschaffen werden, Buchgeld auf Sichtguthabenkonten (Giralgeld) sowohl von der Zentralbank wie auch den Kreditinstituten.“

Da ich mich noch der Thematik annähere, halten wir das Ganze mal zunächst einfach:

Geld – ein Phänomen der dritten Art

An dem Video stört mich die eindeutige Personifizierung. Ich halte das ganze Finanzdebakel eher für ein Phänomen der dritten Art. Das heißt: Die Form des Geldes haben wir, weil viele Menschen sich zunächst für bestimmte Wertschöpfungsmechanismen unter Berücksichtigung ihrer Interessen entscheiden. In der Summe der Handlungen lässt sich dann makrosoziologisch ein gewisser Kapitalstrom messen, das heißt Menschen verwenden Geld, damit es Geld bringt. Diesen Kapitalstrom muss niemand der Akteure intentional wollen, er ist aber indirektes Produkt der Wechselwirkung der Akteure beim Austausch von Geld. Dies ist ein Phänomen der dritten Art.  Wir können uns dieser Phänomene nun bewusst werden. Auf der Ebene der politischen Hebel haben wir Möglichkeiten. Ebenso haben aber dann viele verschiedene Kräfte ein wirtschaftliches Interesse daran, dass dieser Kapitalstrom in genau dieser Weise erhalten bleibt. Dies sind politische Gegenhebel, die dort ansetzen. Gerade weil sich hier mit manchmal dubiosen Mitteln kurz- oder mittelfristig Wert schöpfen lässt, haben auch bestimmte Gesellschaftsschichten ein Interesse, dieses System zu erhalten. Es lässt sich aber hier kaum eindeutig identifizieren, wer für welches Geldwertesystem verantwortlich ist. Eindeutige Aussagen in diese Richtung halte ich für unseriös. Dennoch gehe ich davon aus, dass es sich um eine Form der organisierten Unverantwortlichkeit handelt. Das heißt Schuldanteile werden so weit reduziert, so dass jeden Akteur nur eine Minimalschuld betrifft, die gerichtlich irrelevant ist. Zum Vergleich kann unser Umweltverhalten herangezogen werden. Niemand würde beispielsweise Autofahren als kriminell bezeichnen, obwohl es im Aggregat zukünftige Generationen nachhaltig schädigt.

Wir können durchaus vermuten, dass gerade die Reichen deren Reichtum nicht durch die anfangs erwähnte soziale Kosten-Nutzen-Relation gedeckt ist, ein Interesse daran haben, dass ein ungerechtes System der organisierten Unverantwortlichkeit Bestand hat. Tatsächlich verurteile ich diese Form von Reichtum. Hier können mit gewissem Recht einige Reiche zur Verantwortung gezogen werden. Hier meine ich vor allem die Reichen, die die fehlerhafte Funktionsweise unseres Geldsystems manipulativ ausnutzen.

Was ist unser Geld als System?

Geld, das ist vor allem Sichtguthaben, das heißt Geld, dass wir auf unserem Bankauszug oder in Form von Banknoten sehen können. Wir können dieses bekommen, indem die Bank Kredite vergibt. Dafür brauchen wir Sicherheiten (Hypotheken auf Grundstücke, Wertpapiere Quelle: Wikipedia-Artikel „Geld“). Durch diesen Vorgang schaffen wir Geld. Wer bekam demnach in der Menschheitsgeschichte das erste Geld? Die, die schon Besitztümer hatten. Aber natürlich lässt sich auch anders Geld vermehren und zwar, wenn ertragreiche Industrie aufgebaut wird, die weiter mit Hypotheken oder ähnlichem belastet werden könnte. Daher ist es auch nicht unbedingt schlimm, wenn ein Staat sich verschuldet, solange die Bilanz stimmt. Wo ist nun aber das Problem?

Das Leben mit der Krise

Ungedeckte Wertschöpfung sind ein Problem. Werden Kredite vergeben, die nicht durch tatsächlich gute Hypotheken gesichert sind, so bläht sich eine Blase auf. Springt ein Anleger rechtzeitig ab, so hat er viel verdient, während die anderen Anleger, die den richtigen Moment verpassen unter die Räder kommen. Aus genau diesem Grund haben einzelne Anleger ein Interesse an Finanzblasen und letztlich gleicht es dann mit den Spekulationen auf Spekulationsblasen tatsächlich einem Finanzcasino. Diese Finanzjongleure sind für mich amoralisch. Bestimmte Finanzgeschäfte verbietet dieses Moralempfinden und mit solcherlei Finanztransaktionen würde ich persönlich niemals mein Geld verdienen wollen. Hier würde ich meine „mittelständische“ Armut jederzeit vorziehen. Aber schauen wir noch weiter, wie diese Finanzspekulation funktioniert.

Kapital der Banken

Die Kreditvergabe eines Kreditinstituts sichert das Eigenkapital und die Einlagen. Wie im Film gezeigt, verlangen selten alle Kunden ihr Geld. Daher kann die Bank Gelder verleihen, die eigentlich nur Leihgaben sind. Doch auch die Hypotheken gelten dabei als Kapital der Bank. Bei Wikipedia heißt es hierzu:

„Da das neu geschaffene Geld den Kreditinstituten wieder als Basis für weitere Geldschöpfung dienen kann, gibt es theoretisch keine obere Grenze für die Menge des von den Kreditinstituten geschaffenen Geldes. Um diese Geldschöpfung in Grenzen zu halten, gibt es neben Bilanzvorschriften für die Kreditinstitute (keine Ãœberschuldung, minimale Eigenkapitaldeckung der Bank) je nach Land die Verpflichtung, bei der Zentralbank eine Mindestreserve an Zentralbankguthaben zu halten, die einen bestimmten Prozentsatz der bei ihnen liegenden Sichtguthaben ihrer Kunden ausmacht, das „fraktionale Reservesystem“.“

Der spekulativen Wertschöpfung muss als die Regulation durch Staaten, das heißt eine rechtlich vorgeschriebene Bilanz,notwendig beachtet werden. Und trotz aller Vorschriften erfinden Finanzjongleure Formeln und Anlagevarianten, die die Bilanzen so undurchsichtig machen, dass am Ende niemand mehr weiß, wo der eigentliche Wert von Hypotheken noch zu verorten ist. Eine Finanzblase entsteht, die irgendwann, insofern bei einer Bank ungedeckte Hypotheken entdeckt werden oder insofern einige „Kunden“ Kredit unerwartet nicht zurückzahlen, platzt. Dann bekommen wir den Salat, den wir jetzt haben. Womöglich ist aber das Problem nicht diese oder jene Krise, sondern begründet in der Form wie wir Geld momentan noch als Gegenwartswährung gebrauchen. Die Frage nach dem Geld zumindest soll meine Ãœberlegungen daher für die nächste Zeit binden.

Ausblick

So wie es für mich jetzt aussieht, muss die Krise zumindest als Dauerzustand in unserer Gesellschaft akzeptiert werden, denn Spekulationen werden nur geringfügig kontrolliert und die gegenwärtige Krise ist nur eine von möglichen Krisen. Letztlich erscheint mir die Frage nach der gegenwärtigen Krise wohl sehr Recht als die Frage nach dem richtigen System. Im Zuge der Globalisierung hat sich ein deregulierter Kapitalismus an den Finanzmärkten eingestellt, diesen halte ich ganz sozialdemokratisch für falsch.

Eigentlich ist mein Bereich eher die Frage nach Gerechtigkeit als die Frage nach der Funktionsweise eines abstrakten von Menschen gebrauchten Systems. Hier handelt es sich meines Erachtens eher um eine empirische Frage, die sich in den Details verzweigt und nicht von immer gültigen Idealen bestimmt ist wie die Philosophie. Daher ist irgendwann dem Denken des Philosophen eine Grenze gezogen und die Erfahrungserkenntnis müsste greifen. Eine Erfahrungswissenschaft sollte daher VWL sein. Erfahrungen aber sind bei einmaliger Anwendung eines Systems wie dem des Kapitalismus leider nicht viele vorhanden. Wir haben noch nicht viele Erfahrungen im Umgang mit unseren Finanzsystemen und damit bekommt die Philosophie wieder einen gesonderten Platz in der Frage nach dem richtigen System. Die Gefahren werden von allen Seiten und so auch von der Philosophie zusammengetragen.

Aber auch, da die Welt dem Wesen des Menschen entsprechen sollte, behält die Philosophie Berechtigung die Finanzwirtschaft zu kritisieren. Die Philosophie hält die Frage nach dem wahren Reichtum des Menschen im Blick. Im Hinblick auf die Menschlichkeit ist mir das gegenwärtige Geldsystem nach philosophischem Ermessen betrachtet, zuwider. Da ist mir der Kommunismus von Star Trek lieber. Dort verzichtet die Menschheit auf Geld, wobei klar ist, dass Donald Trump hier einen Herzinfarkt bekommen hätte. Was ist dann bei Star Trek aber der wahre Reichtum und was ist dann die Herausforderung, Herr Piccard?

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