Die Schwerkraft und die Ninjas – Wie wir Schwerkraft durch Ninjakräfte entdecken

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Bei der Schwerkraft handelt es sich natürlich um eine glasklare Sache. Wer allerdings mal in Hegels drittes Kapitel (Kraft und Verstand) der Phänomenologie des Geistes hineinschaute, der wird wissen, dass es mit den Gesetzmäßigkeiten, die wir den Erscheinungen zusprechen, schwierig ist. Natürlich muss dem Spiel der Erscheinungen ein gesetzmäßiger Zusammenhang unterliegen (denn, so schlussfolgert Kant, würde unsere Einbildungskraft nie etwas ihr gemäßes zu tun bekommen und sie würde nur ein inneres totes Liebesspiel mit sich selbst darstellen). Was ist nun aber Schwerkraft? Es mag sein, dass wir die Massen in unserem Universum als sich anziehende Materie-Teilchen interpretieren oder als Krümmungen der Raum-Zeit. Es mag sein, dass wir knallharte Naturalisten sind, dass wir einfach mal bright (wie sich ja die neue Bewegung der Naturalisten nennt) sind, doch wir unterstellen der Welt bestimmte Zusammenhänge ohne sie genau zu kennen. Gravitation bezeichnet eine Reihe von Phänomenen, die induktiv auch in Zukunft zutreffen mögen. Das heißt aber nicht, dass wir das Gesetz der Schwerkraft gefunden hätten, sondern nur, dass wir den Menschen begegnenden Phänomenen einen Erscheinungscharakter zusprechen, das heißt, dass die Phänomene auf ein unwandelbares Universum zurückverweisen. Diesen Phänomenen als Erscheinungen sprechen wir dann Gesetze zu. Das ist sinnvoll, aber nur wenn wir uns über diesen Faktor der Erscheinungserkenntnis bewusst werden, halte ich es auch für wissenschaftlich. Alles andere ist Wissenschaftsesoterik.

Experimente mit der Schwerkraft
Ich weiß noch wie in einem Realienbuch für 9. Klässler (muss ein Vorkriegsbuch gewesen sein) ein Experiment erklärt worden ist. Dieses sagte, dass ich einen Stein in meiner Hand halten und diesen fallen lassen solle. Ãœberraschung: Der Stein fällt zu Boden. Was mich wohl als dreijährigen noch interessiert hätte, war vor dem Krieg wohl noch nicht Standard. Ãœber Schwerkraft nachzudenken, hieß einem Geheimnis auf der Spur zu sein. Die Schwerkraft selbst als solche, obwohl immer für uns irgendwie wirksam, wurde erst entdeckt. Und selbst jetzt, da wir schon so vieles entdeckt haben, wissen wir noch nicht, was sie eigentlich genau bedeutet. Als ich in der 7. Klasse noch mit einem Klassenkameraden (Peter Nestler) darüber debattierte, dass alle Gegenstände gleich schnell fallen würden, machten wir einige Experimente mit Steinen, wir warfen auch Papier, weil uns doch unsere Intuition scheinbar einen Streich gespielt hatte. Wir wussten nicht, wie Dinge eigentlich genau fallen, auch wenn wir wussten, dass sie sie fielen. Nun die Standards des Wissens verschieben sich und heute leben wir auf einer Erde, die eine Kugel ist, ohne diese jemals wirklich erlebt zu haben. Wir denken die Welt mehr, als sie an uns ist und daher ist auch die Schwerkraft etwas, das wir für uns erst erfinden und entdecken mussten.

Das ontologisch Ferne
Unsere vagen Intuitionen werden durch das Unglaubliche stets präzisiert und dabei werden wir unseres Laiendasein in einem Universum auf dessen Grundlagen wir doch leben, immer wieder überführt. Ich muss garnichts verstehen, um in der Welt sein zu können. [Nun gut, wie der liebe Herr Gehlen sehr treffend festgestellt hat, ist der Mensch schon das Tier, das sein Leben führen muss, um überleben zu können, aber das ist ein anderes Thema.] Die Frage für mich ist eher, wie wir die Schwerkraft entdeckt haben. Wir müssen ja bedenken, dass das ontisch Nächste oftmals das ontologisch Fernste ist. Das heißt zum Beispiel, dass uns Luft ontisch sehr nah in der Weise ist, wie wir sie atmen, dennoch müssten wir Umständen niemals über diese ontologisch (das heißt über ihr Sein) nachdenken. Ich stelle also die Frage nach der Schwerkraft in der selben Weise wie die Frage nach der Entdeckung der Luft. Wir denken Schwerkraft als eine Kraft, die da sein soll und das obwohl wir eigentlich nur Erscheinungen in unserem Verstand aufeinander beziehen.

Geheimwissen der Ninjas?
Nun gut eigentlich wollte ich hier heute keinen philosophischen Beitrag basteln, sondern über Ninjas schreiben. Dabei habe ich mich gefragt, warum mich Ninjas als Kind so fasziniert haben. In Amerika ist das ja ein großer Hype. Zu der dortigen Generation gehört es einfach Ninjas ständig als Vergleich heranzuziehen (das andere große Thema sind Zombies – Jede Woche fand ich dort am Eingang zur Students Lounge der Philosophen ein neues Zombiewarnschild). Ich bin schnell zu dem Schluss gekommen, dass ich als Kind fasziniert war, von den Fähigkeiten der Ninjas, die an einem selbst vielleicht noch zu entdecken waren. Heute als Ausgewachsene sind wir ja vorwiegend frustriert, weil wir wissen, dass wir alles schaffen können, uns zu den meisten Dingen allerdings die Zeit fehlt. Als Kind (oder auch als Esoteriker) wünscht sich jemand jedoch einfach eine geheime Kraft in sich, die einem dasselbe Feld der Körperbeherrschung eröffnet wie dem Ninja. Es scheint als wären Menschen dazu prädestiniert, die Kräfte der Erscheinungen eben auch durch den Verstand, der diese erkennt, immer besser zu beherrschen. So hält sich bis heute noch der Mythos vom Geheimwissen, einem Wissen im Verstand, das uns mystische Kräfte verleiht und wie von Zauberhand beherrscht werden kann. Ich glaube nach langem Studium, dass es kein Geheimwissen gibt, sondern dass alles harte Arbeit ist. Wenn ich dann einigen Studenten (wobei das ja teilweise auch ältere Herrschaften sind, da sie ja oftmals in der Rente nochmal studieren beginnen), dass wir im Grunde alle dieselben philosophischen Voraussetzungen haben und auch die Physik kein Feld mit sieben Siegeln sein muss, dann sind diese oftmals erstaunt. Ich glaube aber tatsächlich daran, dass wir Menschen so gleich sind, dass weniger Genies in den Mittelpunkt rücken als vielmehr harte Arbeit. Insgeheim wünsche ich mir jedoch dennoch, im Herzen ein Ninja zu sein.

Nun gut der Beitrag gerät durcheinander. Was bedeuten nun Ninjas und was hat das mit Schwerkraft zu tun? An Ninjas verkörpert sich die Idee eines Geheimwissens um menschenunmögliche Kräfte und das fasziniert, so als könnte ein Kind Superkräfte bekommen. Und wer möchte keine Superkräfte? Eine Freundin von mir sagte, sie hätte auch immer gerne Superkräfte gehabt. Als ich fragt welche, antwortete sie, dass sie Schnelligkeit bevorzugen würde. Warum? Weil sie dann immer ganz schnell weglaufen könnte. Nun gut, was aber entdecken wir an dem anscheinend Unmöglichen und tatsächlich Unmöglichen? Wir entdecken die Kräfte der Natur überhaupt und genau das zeigen uns Ninjas. Sie zeigen uns die Kräfte, aber auch, dass sie überwindbar sind. Ninjas sind Visionen von den menschlichen Leistungen, die allerdings potentiell in jedem angelegt sind, wenn nur der richtige Meister diesen rohen Diamanten (der wir ja selbst sind) nimmt und ihn in die richtige Form zurecht schleift.

Der Sportler als Ninja?
Das Internet vermittelt nun mittlerweile die Grenze zwischen Unmöglichkeit und Möglichkeit, indem wir unglaubliche Sportler und Sportarten sehen können wie hier:

Es scheint nun so, dass die Schwerkraft nicht diesen Sportlern in ausreichendem Umfang erklärt worden ist, zumindest in der Art wie wir Schwerkraft bisher kannten. Gut aber die Überschläge können dem Internetgebildeten kein Staunen mehr entzaubern, obwohl wohl kaum einer von uns dies kann. Der Grund ist tatsächlich der, dass wir diese Schwerkraft-Körper-Beherrschung im Internet schon zur Genüge gesehen haben. Höher, schneller, weiter, besser, das ist wohl der Einfluss des Internets. Es macht alle Leistungen des Menschen gegenwärtig und bringt uns dabei über uns hinaus.

Schön ist auch der Gedanke, dass es beim Internet dabei nicht mehr so stark um den Kampf zwischen zwei Parteien (wie bei den meisten Sportarten) geht, sondern dass die Ästhetik stärker in den Mittelpunkt rückt. Zwar gibt es schon solche Sportarten, die auf Ästhetik setzen, diese spielen allerdings bei den olympischen Spielen (als Indikator für die wichtigsten Sportarten) eine untergeordnete Rolle. Die ästhetische Ballsportvariante ohne Siegeswillen gibt es jedoch hier:

This guy is a Ninja!
Gut, aber ursprünglich wollte ich ja über Ninjas schreiben. Ninjas? Nun, wir haben mit Sicherheit ein paar Ninjas des Sports gesehen. So zumindest würde der durchschnittliche Kommentar eines Amerikaners meines Alters lauten. „This guy is a Ninja“. Was wir aber eigentlich dabei sehen, ist das Zusammenwirken von Schwerkraft und Körper und die damit weitere Entdeckung einer speziell körperlichen Schwerkraft. So wie die Schwerkraftexperimente Neil Armstrongs auf dem Mond spielen auch diese Experimente eine Rolle für uns, wenn wir Schwerkraft verstehen. Zwar ist dies kein physikalischer Zugang, der Körper aber ist immer unser erster Zugang und die Projektionsfläche für alle Naturphänomene. Ohne die Haut an der Welt, wäre die Welt als diese einfach nicht zugegen. Es gibt sogar Theorien, die den ganzen Sinnes-Apparat als eine solche Auseinandersetzung mit dem Auftreffen von Welt auf Sinnesflächen interpretieren.

Aber ist die Welt nur das Auftreffen auf Körperflächen? Nun fragt sich ja noch, was das Denken selbst ist, das sich eben nicht in den Sinnen zeigt und mehr als Weltberührung ist, die Welt aber doch zu der einen, die wir denken zusammenfügt. Die Seinsfrage bleibt dabei immer noch akut. Denn hinter allen Gegenständen und ihren Eindrücken auf uns, fragt sich immer noch, was das den Eindrücken inneliegende Sein ist, so dass wir diese zusammennehmen können und überhaupt als Gegenstände in einer Welt (die wir ja in Gänze nicht kennen) verstehen. Nach dem Körper beginnt doch erst die Welt in ihre Gegenwart gegenüber einer Seele zu treten. Was aber ist diese?

Mönche und Ninjas
Die Mönche können diese Frage angeblich beantworten. Ninjas aber haben die Antwort von ihnen gestohlen und missbrauchen sie in anderer Weise. Ninjas haben eine Scheißegal-Einstellung. Das ist die parallele Einstellung zu den Mönchen, denen im gewissen Sinne auch alles scheißegal ist, allerdings nur im Rahmen ihres Gleichmuts. Ninjas aber sind weder gut noch böse, sondern einfach unberechenbar und als amerikanisches Netzphänomen haben sich daher auch folgende Fakten etabliert: 
Ninjas
1.    Ninjas are mammals.
2.    Ninjas fight ALL the time.
3.    The purpose of the ninja is to flip out and kill people.
Ninjas sind Mysterien und wir können sie nicht wirklich verstehen. Sie sind zu einem Teil der Kraft geworden, die wir kennen, aber die wir selbst nicht mehr verstehen. Einerseits haben Ninjas Ehre, andererseits interessieren sie sich nur für sich selbst. Ein Ninja ist wohl am Widerspruch in sich gewachsen. Sie halten die  Widersprüche des Buddhismus in anderer Weise aus. Zwischen dem Wunsch nach Ehre und Frieden und dem Töten für den Frieden als ihr Ziel machen sie vor allem eins: Kämpfen.

Ninjas als Waffe der Amerikaner
Wohl verständlich, denn im Zwiespalt der Geschichte wurden Ninjas bald zu einer Waffe, bald zu Eigenkämpfern. Ninjas wurden von allem und jedem eingesetzt. Ninjas sind heute zumeist nicht mehr politisch, sondern alles. Geblieben sind nur ihre Fähigkeiten, die sowohl zum Bösen als auch zum Guten eingesetzt werden können. Und so sind auch die Amerikaner ganz froh, wenn „the deadliest art of the orient is now in the hands of an American“.

Die Frage verbleibt nun angesichts menschlicher Vermessungskunst der Welt, nämlich dem begrenzen durch Denken und Sinne: Wurde die Schwerkraft von den Ninjas oder die Ninjas von der Schwerkraft erfunden? Es ist eine Frage, die wohl an allen Grenzen liegt und sich auch so transformieren lässt: Wie menschlich ist die Welt, wenn wir sie nur denken können?

Bis dahin Norman.

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