Philosophie und Gott – Vom Mann, den niemand kannte

Pyramid – Sphinx – Granite Temple

Taxonomisch war Gott schon immer der Gipfel, die Spitze der Seinspyramide (CC_Foto Boston Public)

Der Gottesbegriff hat in der Ideenlandschaft der Philosophie wohl eine einzigartige Stellung. So kann die Philosophie und somit jeder Mensch keinen höheren Begriff als „Gott“ denken. In einer Taxonomie, gleich ob wir an diesen Mann aus dem Jenseits nun glauben oder nicht, können wir niemals über das, was diese Taxonomie erst begründet hinausgehen. Der höchste Punkt, der allen Schatten wie eine Sonne erst die Kontur gibt, kann nur ein Gott sein. Insofern wir systematisch philosophieren und denken, haben wir daher den Begriff „Gott“ immer schon in Anspruch genommen, denn wenn unser Philosophieren auf eine Sache zielt, dann auf die Gesamtheit der Welt und damit auch auf ihren letzten Grund, der als nicht kausal bedingt weder Ding noch Nichts ist.

Die Denkwidersprüche in der Philosophie

Wie dem auch sei, von diesem höchsten Punkt „Gott“ entfalten sich sogleich die ersten Denkwidersprüche in der Philosophie: Wäre der Mann aus dem Jenseits doch ein kausal bewegender, so müsste etwas in ihm selbst beweglich sein und somit kausal betrachtet ein Ding unter Dingen. Wäre er nicht Ding, so könnte er nicht kausal bewirken. Doch wäre er Ding, was wäre dann seine Ursache? Kann Gott ein Ding in einer Ecke des Universums sein? So als hätte er sich einen Planeten als Paradies reserviert? Der Zweifel ist nicht auswischbar und wir können Gott nicht nach seinem Personalausweis fragen.  Captain Kirk hatte ja eigens eine ähnliche Diskussion mit einem Gott.

Philosophische Widersprüche beim Gottesbegriff

Nein, Gott sei doch undinglich und doch kausal bedingend. Eine Sache zwar, aber auch nicht sachlich und daher eine Ur-Sache. Ach nein, die Schwierigkeiten entfalten sich an dieser Stelle erst zu dem Gestrüpp, was wir dann Philosophie nennen müssen. Die Philosophie hat ihren Grund doch auch in der Tatsache, dass wir Dinge nicht wissen, andernfalls bräuchten wir die Philosophie nicht.

Sei der Mann aus dem Jenseits nun ein Unbestimmtes, so wäre er doch bestimmt durch Unbestimmtheit. Das ist auch widersprüchlich, denn ein Unbestimmtes dürfte nicht bestimmt sein. Die Denkschwierigkeiten ranken sich daher um Gott wie um die Frage nach der Freiheit und der Welt. Der Trias der höchsten Begriffe der Philosophie und der Menschheit ist nicht durch Denken und Forschung beizukommen, sondern begleitet den Menschen bei jedem Turmbau in die antwortlosen Himmel. Was der Philosophie bleibt, ist allein die Grenzbestimmung ihres Denkens, ein Blick aber von einem außerweltlichen Punkt bleibt denen überlassen, die es niemals beweisbar behaupten.

Die Folge der Allmachtsphantasien

Und doch rankt sich der Wunsch unter den Philosophen eine Himmelsleiter ins göttliche Paradies der Einsicht zu zimmern. Die Philosophie soll doch einen Turm erbauen, der höher als der Himmel ist und gar über Gott wachend Vorhersagen macht. Wir wollen in das Arbeitszimmer einen Blick werfen und es uns sogleich in seinem Wohnzimmer bequem machen. Ein bisschen Apotheose steckt doch in allen von uns. Allmachtsphantasien haben unzweifelbar ihren Reiz:

„Bruce Allmächtig“ ist wohl eine der wenigen Komödien, die mich tatsächlich zum Lachen bringt. Nun denn, die Amerikaner sind wohl ein Gottesstaat wie es sonst nur arabische Staaten sind. Hinsichtlich politischer Ausrichtungen begrüße ich den zunehmenden Atheismus der europäischen Staaten daher, gleichwohl aber muss immer wieder darauf verwiesen werden, dass die Lücke, die mit der mangelnden Spiritualität verbleibt, nun durch die Nischenkünste von selbsternannten Esoterikern und angeblichen Wissenschaftlern gefüllt werden.

Der Atheimus kann in seiner Philosophie Gott nicht in Abweis bringen. Wir können zwar philosophisch keine Realität für diese Denknotwendigkeit des Begriffs „Gott“ beweisen, doch dies heißt nicht, dass die unbeantwortete Frage, ob es Gott nun gibt oder nicht, nicht selbst notwendig ist. Der Wissenschaftler verkennt hier als Atheist regelmäßig seine Antwortbefugnis. Allein schon die permanenten Kategorienfehler Gott wie eine Substanz zu behandeln, disqualifizieren solcherlei Wissenschaftler.

Die Unbeweisbarkeit eines Gotts heißt auch, dass ein Atheismus diesen durch keinen Beweisgang in Abweis bringen kann. Die Arroganz verschiedener Wissenschaften gegenüber den Gläubigen hat keinen vollständigen, philosophisch ausweisbaren Grund. Eher verkennt der Atheismus die Schwäche seiner philosophischen Argumentationskraft. Wie kann denn ein Gehirnforscher beispielsweise an die Spitze aller Taxonomien einfach ein Gehirn setzen? Es funktioniere nun mal nach physikalisch eindeutigen Kriterien, meint er. Aber warum?

Ich bin ein großer Verfechter der Wissenschaft, aber nur solange sie auf den Bereich der physikalischen Phänomene angewandt bleibt. Gott ist kein Phänomen, das jemals ein Physiker in den Radius unserer Weltlichkeit rücken können wird. Da die heutige Philosophie mit der analytischen Tradition der Philosophie aber eher die Zusammensetzung unserer Erkenntnisse nach physiognomischen Gesichtspunkten betrachtet, wirken Gedanken an Gott wie Postkarten aus einem vorherigen Jahrhundert, die verwirrte Gehirne abschicken. Gott degradiert der Neurophysiologe dann schnell zu einem Zentrum großer Hormonausschüttungen und da wir mit den Mitteln der Physik bisher nur Mechanik im Gehirn vorfanden (denn wie sollte es auch anders sein? Wenn wir in ein Mikroskop schauen, dann erwarten wir auch nicht, dass wir dabei etwas hören oder schmecken, kurz eine andere Sache finden als das Mittel der Anwendung zulässt), so schlussfolgern sie, dass auch Gott nur einer Mechanik unterliege. Aber wie sollte es auch gehen, dass sie unter dem Mikroskop auf einmal Gott in einem Sessel sitzen sähen?

Der Gottesbezug der Philosophie und die Esoterik

Aufgrund der Grenzen unserer Denkkunst ist keineswegs so, dass wahre Philosophie jemals ihren Gottesbezug verloren hätte. Die richtige Philosophie aber weist auf die Schwierigkeiten hin, irgendwelche Gedanken über diesen Mann aus dem Jenseits zu erläutern.

Im Spannungsfeld der Unbeweisbarkeit hat sich daher seit jeher die Esoterik eingenistet. In dem Biotop der Hilfesuchenden hat sich dort der Esoteriker mit angeblichen Philosophien eine warme und nahrhafte Nische eingerichtet. Menschen, die von Gewissheit durchflutet seien, geben hier ihre vorgeblich philosophischen Nachrichten über den wahren Grund unseres Seins ab. Ich möchte aber darauf hinweisen, dass Menschen, die über die wahren Gründe des Seins Auskunft geben, seien es nun Esoteriker oder Wissenschaftler, in der Regel Menschen sind, die das Handwerk der menschlichen Erkenntnisfähigkeit und seiner Philosophie nicht verstehen.

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