Mein Philosophieprofessor aus Pittsburgh gab mir mal auf einer Institutsparty zu verstehen, dass er keine Filme schaue und der einzige Film, der ihm gefiel „Mamma Mia“ war. Dies aber auch nur wegen der schönen Landschaft. Entgegen vieler elitärer Philosophen bin ich allerdings dem Hollywoodkino keineswegs abgeneigt.
Natürlich gibt es immer wieder Aufstöhnen, wenn das Medium Film mal einen hochphilosophischen Stoff eben zum Medium Film heruntertransformiert. Troja mag ein solches Beispiel sein. Aber wie sollte auch ein langwieriger, zäher Krieg, der natürlich besser zu Papier zu bringen als zu visualisieren ist, auch mit Detailtreue filmisch erzählt werden? Der Dramaturgie einer anderen Erzählform, die der Film nun mal darstellt, muss doch entsprochen werden. Dies erreichte Troja meines Erachtens, indem der klassische Stoff nachvollziehbar abgewandelt worden ist, ohne aber den Grundgestus zu beschädigen.
Der Witz ist ja dabei, dass das Gehabe von selbsternannten Philosophen zumeist auf keiner Erfahrung fuĂźt. Viele merkten beispielsweise an, dass der Film „Troja“ jawohl etwas sehr frei nach Homers Vorlage wäre, obwohl sie diesen niemals gelesen hatten. Die Kritik ist verfehlt. Gehe ich in einen Film, vergesse ich die BĂĽcher. So sah ich in dem Film „Troja“  auch groĂźartige Momente, die meiner Vorstellung vom griechisch-philosophischen Pathos entsprachen. Der Film ist immer noch einer meiner Favouriten (vielleicht habe ich ihn aber in einem emotionalen Moment auch falsch abgespeichert).
Um es kurz zu machen Hollywoodfilme wirken auf mich oftmals auch als Philosophen inspirierend. Nun bin ich natürlich kein Naivling und wünsche mir vieles in Hollywoodfilmen oftmals anders und ich befürworte keineswegs alle Hollywoodfilme. Ich kann mir auch einige altmodische Streifen mit langsamer Erzähltechnik anschauen, aber Hollywood entspricht zumeist genau meinem Sinn wie sich eine Handlung entwickeln sollte, damit sie mich nicht langweilt. Wie bei anderen Autoren auch, gibt es natürlich in Hollywood viel Ausschuss. Wie es allerdings bei allen großen Genies und Philosophen war, so entschied oftmals nicht der einzelne kreative Moment über den Erfolg, sondern die unablässige Arbeit. Ausschuss gehört notwendig zum Produktionsvolumen der Großen. So gibt es viel Schrott in Hollywood, darunter aber sind die besten Filme überhaupt zu finden.
Was mich philosophisch an Hollywood besonders interessiert, ist der Umgang mit Science-Fiction. Philosophie Roboter und Zukunft faszinieren mich, seitdem ich klein bin. Hier konfrontiert Hollywood oftmals mit moralischen Dilemmata, die wir uns im Alltag noch nicht vorstellen mögen. Eugenik findet ja beispielsweise in kleinen Laboren in Kalifornien statt, haben in ihrem möglichen Ausmaß noch keineswegs das Bewusstsein der Menschheit erreicht. Dies aber schafft Hollywood. Gerade das literarisch belächelte Genre der Science-Fiction nimmt sich dieser philosophischen Stoffe an. Es finden sich technikkritische Machwerke bis hin zu technikoptimistischen Stücken. Einer der platteren Produzenten ist hierfür wohl Michael Bay, der immer wieder mit hirnlosen Actionkrachern aufwartet. Transformers, eine Actionspielfigurenreihe, für die dann eine TV-Serie produziert worden ist, scheint daher für ihn wie gemacht.
Die Philosophie von Transformers
Die Transformers vom Planeten Cybertron sind eine Maschinenrasse, die ihren Krieg auf den Planeten Erde auslagern musste, da ihr Heimatplanet so gut wie zerstört ist. Diese Rasse spaltet sich in zwei Lager, den Autobots, die das Leben an sich schätzen und die freiheitliche Selbstbestimmung verteidigen und den Decepticons, die das Recht des Stärkeren propagieren und das Leben beherrschen wollen. Der Konflikt ist also philosophisch simpel zwischen Gut und Böse bestimmt. Im Hinblick auf die Philosophie gibt es hier sicher bessere Filme. Dennoch ist der übertriebene Pathos mit der Betonung auf die Freiheit kein zu unterschätzendes Erziehungsideal, auch wenn die Lösung der Probleme in der Regel durch Gewalt erreicht wird und sich im simplen Kampf zwischen Gut und Böse erschöpft. Der Kampf für das Gute ist in diesen Heldenepen seit der Neuzeit immer wieder genug Motivation (während es bei den Griechen noch um Dinge wie Ruhm, Ehre oder Eitelkeit und einhergehender Zerrissenheit zwischen den verschiedenen Ansprüchen ging). Vielleicht hat sich auch nach Kants philosophischer Intervention das Gute als Selbstzweck in der Literatur durchgesetzt? Auch die Entdeckung des Guten und Bösen hat wohl eine eigene Kulturgeschichte, die in Transformers einen ihrer Ausläufer ausweist.
Natürlich ist es für die Dramaturgie notwendig, dass gerade das Gute einen aussichtslosen Kampf führt, der eigentlich nicht zu gewinnen scheint. Das Gute allerdings wird ganz philosophisch gegen alle Widerstände verteidigt, da der Selbstzweck nicht den Sieg des Guten voraussetzt, sondern einfach nur die Ablehnung des Bösen bereits als Erfolg begreift.
Ganz aber trifft die Michael-Bay-Philosophie nicht auf den Transformers-„Epos“ zu. Gerade in den Marvelcomics ist Optimus Prime, der AnfĂĽhrer der Autobots und der letztverbliebene Prime, von Selbstzweifeln bestimmt; Selbstzweifel, ĂĽberhaupt einen Kampf mit den Decepticons fĂĽhren zu mĂĽssen. Die Comicreihe bietet also hier die interessanteren philosophischen AbgrĂĽnde. Optimus Prime hätte mehrfach den Decepticons das Licht auspusten können, aufgrund der Naivität des Guten in ihm tat er es nie. Gnade ist immer ein Grund, warum die Guten am Ende doch in Teufels KĂĽche kommen. Daher war es wohl sehr schockierend, dass Optimus Prime bereits im zweiten Teil der Transformersreihe von Michael Bays Reihe sterben musste. Doch aber nachvollziehbar: Er hätte ja die Philosophie von Gut und Böse mit seinen Selbstzweifeln gefährdet.
Da der Film nun selbst ein Kassenerfolg war, lag es nah, die Fortsetzungen zu drehen. Wir leben schließlich im Zeitalter der Fortsetzung wie es in der Philosophie schon als postmoderner Charakter der ewigen Wiederholung des Gleichen bestimmt worden ist. Deswegen wurde Optimus Prime dann doch nochmal reinkarniert und steht ohne Selbstzweifel im Kampf gegen das Böse, so dass Michael Bay ihn am Ende auch Megatron (den bösen Obermakker) abschlachten lässt.
Philosophie der Rekombination (Der Film „Real Steel“)
Ab und braucht aber auch Hollywood neues Material. Daher optimiert man schnell alte, erfolgreiche Stoffe. So auch bei dem neuen Film mit Hugh Jackman „Real Steel“. Im Grunde genommen schnell komponiert. Man nehme: Die Oscartragödie um den Unterschichtenaufstiegsboxer Rocky, der den Fallobsttitelkampf gegen Apollo Creed zuerkannt bekommt, damit dieser sich feiern lassen kann.
Hinzu kommt die tragische Geschichte zwischen einem Vater und einem Sohn hinzu, die um ein sportliches Event des ArmdrĂĽckens herum sich wiederfinden
Nun machen wir aus Rocky einen Underdogroboter im Robotwar im Kampf um den Weltmeisterschaftstitel. Dieser wird ferngesteuert vom erfolglosen, aber ehrlichen Unterschichtenvater, der hierüber seinen Oberschichtensohn von seiner Oberschichtenmutti zurückgewinnen kann und fertig ist der nächste Hollywoodklischeefilm
Gefällt ein solcher Film nun? Ich weiß es nicht. Allerdings finde ich es faszinierend, dass mittlerweile Roboter auch schon dem guten alten Boxhandwerk die Arbeitsplätze wegnehmen. Zumindest aber erreichen diese Roboter, dass Papi und Sohnemann wieder zueinander finden. Hach und kann Klischee denn Sünde sein?
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