Zum Tod von Steve Jobs und zur Philosophie der Einfachheit

Steve "Moses "Jobs Delivers Tablet

Gebote der Einfachheit (CC_Foto: Photo Giddy)

Steve Jobs ist tot. Eine Nachricht, die die Meldungen über die Verleihung der Nobelpreise übertönt. Hätte Jobs mit seinem Schaffen einen Nobelpreis verdient? Wohl kaum. Nicht Wissen, das der Menschheit unwahrscheinliches Fortkommen in der Überwindung ihrer Grenzen bringt, spielte bei ihm eine Rolle, sondern eine gut durchdachte Marketingphilosophie.

War es Wissen um das Ganze des Vertriebs, was Jobs zum Milliardär machte oder war er nur zur richtigen Zeit am richtigen Ort? War es Zufall oder Notwendigkeit, dass er mit seinem Wesen vorankam? Die Wiedererfindung des Alten machte Jobs zu einer Ikone. Angeblich gehörte es zu seinen wesentlichen Einfällen beim Iphone den Stift „einfach“ wegzulassen; schlicht auf den Finger zur Bedienung zu setzen. Diese Einfachheit ist dann bei Applejüngern als philosophisches Programm gefeiert worden. Ist dies heute schon genial? Er selbst sagte über seine Fähigkeiten bezeichnendes „Wir waren ziemlich schamlos beim Stehlen großer Ideen“ (Steve Jobs zurückgetreten – Vom Erfinder zum Revolutionär in Serie – Bild 3 – Wirtschaft – sueddeutsche.de).

Steeve Jobs ist tot. Eine simple Nachricht begleitet die simplen Ideen eines simplen Mannes. Er selbst erfand sich bald als einfacher Mann, der schlicht im schwarzen Rollkragenpulli und mit Jeans die Einfachheit erklärte. Die Nachrufe mögen sich in alle Richtungen verteilen, jedoch mehr als Einfachheit hat er nicht erreicht. Rentiert hat es sich zumindest: Das Wirtschaftsmagazin Forbes Magazine schätzte sein Vermögen 2011 auf 8,3 Mrd. US-Dollar.

Das Mysterium Apple basierte hiernach vor allem auf der Philosophie, dass ein minimalistisches Programm Zeitersparnis verschafft. Die Eleganz liegt seit jeher in der Philosophieder Einfachheit, weil sie längeres Nachdenken verhindert. Es ist einfach gut, weil es so gut ist. Diese Philosophie der Einfachheit verdanken wir jedoch nicht Jobs, wohl aber den Briten und Amerikanern. In einer beispiellosen Ablehnung der „typisch-deutsch“ strukturierten idealistischen Programme brachten britische und amerikanische Philosophen die Philosophie der Einfachheit auf den Weg. Die These von Ockams Rasiermesser besagte klar und deutlich, dass sich bei zwei konkurrierenden Thesen, wir uns im Zweifel für das Einfachere entscheiden sollen. Der Philosoph Russel schließlich wehrte sich gegen die Hegelianische Philosophie und postulierte schlicht und ergreifend, dass die Realität vor allem aus einfachen Dingen bestand. Angesichts einer überkomplexen Welt sicher eine Alternative. Der Blick verengt sich jedoch zur Schmalspurphilosophie ohne notwendige Skepsis.

Die Philosophie der Einfachheit bietet für den Durchschnittsbürger nicht mehr als den wohligen Ort der Ausgeglichenheit und Harmonie, aber wenig Realität. Es ist wohl daher auch wesentlich, dass wir uns gerade mit Jobs Philosophie der Einfachheit in die elektrifizierte Welt flüchteten, die ohnehin einfacher und aufgeräumter erschien. Für Amerikaner kam diese Philosophie gerade recht. Die Welt scheint nur kompliziert, im Grund aber wäre alles auf Einfachheit reduzierbar. Die Republikaner machten das jeden Wahlkampf auf das Beste zu ihrem Thema, auch sie profitierten von der Philosophie der Einfachheit. Diese Einfachheit wird ihnen auch diesmal den Wahlerfolg sichern.

Warum war Apple am Ende besser als Microsoft? Schlicht, weil Apple einfach besser war. Die Jünger brauchten keine Erklärungen. Gleiche Gründe bekommen wir ja geliefert, wenn wir die Werbesprüche zum Iphone hören. Auf die Frage, was eigentlich ist, wenn wir kein Iphone haben, bekommen wir die Antwort, „dann hast du kein Iphone“.

Wenn Menschen schnell und einfach verstanden werden, dann sind sie Rockstars. Nicht der Philosoph ist der Held unserer Zeit, nicht der Komponist, der Jahre über seinen Ausdruck forscht, sondern der Herr, der seine Politik oder Philosophie schnell auf den Punkt bringt. Das amerikanische Flair des schnellen Erfolgs in einer Philosophie der Einfachheit repräsentierte Jobs wie auch andere. Was in der amerikanischen Philosophie Gang und Gäbe ist, dass einfache Texte präferiert werden, setzte sich auch klar als Marketingphilosophie durch. So ist wohl auch die Parodie um den amerikanischen Traum zu verstehen, die der Film Forrest Gump aufzeigte. Forrest Gump wollte nie den Erfolg, weil er allerdings so einfach war, bekam er den Erfolg und so kaufte Forrest Gump auch Apple.

Die Philosophie der Einfachheit war auch der Grund warum Applejünger seit jeher so nervten. Wie Anhänger einer Sekte, die das Heil in unendlicher Liebe und Urschreien zu finden wussten, so wussten Applejünger, dass nur ein Apple das Leben erleichterte. Sie wirkten teilweise inspiriert und borniert wie Jünger von einem Jesus-Treffen. „Selig sind die Armen des Geistes, denn ihres ist des Himmelsreich.“ predigte Jesus noch in der Bergpredigt und anderes predigte Jobs seinen Jüngern auch nicht. Apple machte diese Einfheitsphilosophie und Religion zu einem Konzern, der mehr wert ist als die amerikansiche Footballleaque oder mehrere Apollomissionen. Ohnehin ist nach heutigen Ermessen Apple mehr wert als alle Nobelpreise zusammen und das macht den Tod von Steve Jobs zu einem medialen Ereignis. Dabei ist es so einfach, ein einfacher Mann mit einer einfachen Vision ist gestorben.

Auch einer der Erforscher des Krebsleidens ist dieser Tage gestorben. Er erhielt hierfür den Nobelpreis, anders als Jobs aber hatte er keine einfachen Lösungen parat, sondern konnte das wesentliche Problem nicht lösen. Einfachheit verdrängt im Denken das Komplexe, das Komplexe aber bedrängt unser Denken. Die Hymne an den Minimalismus drückt wohl Eric Saties Gymnopedie am besten aus (auch wenn Satie kein Minimalist ist). Das Ganze in der Spannung der Einfachheit muss tiefer gehe. Diesem inneren philosophischen Gehalt seines Stückes kam ein Marketingphilosoph wie Steve Jobs niemals auf die Spur. Jobs Philosophie der Einfachheit schaffte es nie diese Einfachheit im Ganzen zu denken, sondern bezog sie nur auf eine Marketingstrategie. Apple bringt kein Seelenheil und hat keine Botschaft. Was sich auch für die Applejünger nach und nach enttarnte, war, dass Apple nur ein weiterer Big Player im Spiel um das Einfachste der Gesellschaft war, nämlich das Geld.

Ein Mann ist gestorben. Dies ist tragisch, aber es ist auch nichts einfacher als diese Nachricht. Mehr Botschaft gibt es in dieser Nachricht eigentlich nicht.

 

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