Dissertationen verschlingen Zeit und verdauen langsam wie Schlangen. Irgendwo sind Großprojekte auch immer beständiger Planungsschmerz. Dennoch die große Linie ist schon an den Horizont geschrieben. Ich hoffe ich habe meine Dissertation nicht nur geträumt, aber mein Computer beherbergt 300 Seiten, was mich zu nächtlichen Panikattacken führt, ob noch alles da ist. Und wie lebt der Philosoph aus Amerika sein Leben? Nun wir haben bei Trivia eine Playstation 4 gewonnen.
1. Sich den kulturellen Gebräuchen weiter anpassen und bei American Trivias gewinnen
„March Madness“ bedeutet: die besten College-Basketballmannschaften im Land gegeneinander. K.O.-Modus. Überall versammeln sich die Amerikaner vor ihren Abspielgeräten. Die NBA ist jetzt auch in unserem Haus, allerdings in anderer Weise, denn die Playstation 4 bestimmt jetzt unser Freizeitverhalten (zuvor gewannen wir ja ein Hoverboard). Wir haben uns für die Konsole nun auch auch NBA 2014 gekauft (für 4 Dollar) und viele, die unser Haus betreten, glauben, dass wir tatsächlich Basketball im Fernsehen schauen. An den Nahaufnahmen ist zwar noch zu arbeiten, aber das Spiel sieht dann täuschend realistisch aus.
Mit all den Kommentaren und mit Ashok’s Basketball-Kenntnissen poliere ich nun mein nutzloses Wissen auch in diesem Bereich auf. Eigentlich wollte ich mir ja das Leben für die Zeit nach der Dissertation aufsparen.
2. Ansonsten lese ich über Deutschland
Reporterpreis in 5 Kategorien für die Die Zeit – „Die Schlachtordnung“ von Anne Kunze im Bereich „investigativ“.
Kunze zeichnet darin Gastarbeiterschicksale, die wie Geisterarmeen innerhalb des Marktgetriebes der Fleischproduktions-industrie zerrieben werden:
„ein Prinzip: immer billiger […] eine Himmelsrichtung: Osten.“
Polen sei schon ausgeschöpft, die Arbeiter „zerschlissen“. Erst die Polen, dann die Ungarn, dann die Rumänen. „Jetzt die Bulgaren.“ heißt es in ihrem Artikel.
„Mittlerweile suchen Anwerber in der Ukraine nach Söldnern.“
In den Schlachtbetrieben bilden sich soziale Hierarchie nach Herkunft. Oben die Polen und Ungarn, unten die Sinti und Roma:
„Die anderen Arbeiter sagen über sie, sie ließen alles mit sich machen, könnten nicht lesen, nicht schreiben, schufteten für drei Euro in der Stunde.“
Aufs nackte Dasein reduziert leben einige als Waldmenschen und füllen Wasser aus Hähnen ab. Nehmen es mit in den Wald. Warum wehrt sich niemand? Bei Aufruhr werde die gesamte Stammbelegschaft ausgetauscht. Es gibt genug BilligArbeiter.
„ein gestandener Fleischermeister, weint während des Gesprächs, als er sich an die Demütigungen erinnert.“
Zudem: Jeder im Umkreis dieser Betriebe soll an der Geisterarmee verdienen. So bieten Hausfrauen verschiedene „Dienstleistungen“ an: Begleitung zum Arzt (50 Euro), Kindergeldanträge ausfüllen= 150 Euro. Auch Raumausstatter verdienen:
„Helmut Ebbrecht vermietet in Quakenbrück Wohnungen in zwei ehemaligen Kasernen, die seit 1933 nicht saniert wurden. 350 Euro im Monat nimmt er pro Wohnung. Weil die Fenster nicht dicht sind, stellen die Bewohner Heizkörper auf und haben Stromrechnungen von bis zu 140 Euro. Es stinkt. An den Wänden stockt der Schimmel. „Die Leute müssten halt lüften“, sagt Ebbrecht, „aber die haben natürlich andere Sauberkeitsstandards als wir.“
Die Behandlung der Arbeiter im Betrieb ist unter der Menschenwürde:
„Ein Mann, dem schon der Finger abfault, den der Vorarbeiter aber nicht zum Arzt lässt – weil der Kranke keine Krankenversicherung hat.“
Fleischermeister Schürmann beweist dabei die fehlende Empathie, die ihm sonst auch bei Tieren fehlt:
„Als ich meine Fleischerlehre gemacht habe, habe ich mir auch eine Matratze auf den Boden gelegt.“
Er fügt hinzu, dass er Christ sei, wenn auch nicht gläubig. Der Mindestlohn wird in den Betrieben leicht umgangen: Arbeiter zahlen für Kleidung, Arbeitsgerät und Reinigung. Dazu kommen allerdings dubiose Kosten für Miete und Transport.
Der Artikel ist wirklich lesenswert, weil er über unmögliche Zustände in Deutschland informiert:
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3. Ich helfe moralische Konversationen zu organisieren, Stichwort: Man-gaze – Das Männergestarre
Ich mitorganisiere hier eine Reihe, die heißt „Moral Conversations“. Praktisch: die betreffende Minderheit versammelt sich und entfaltet einen Powerdiskurs auf Grundlage ihrer Ressentiments gegenüber der Mehrheit. Ja, das klingt sehr negativ, aber ich bin teilweise schockiert, wie dort mit den vermeintlichen Mehrheiten umgegangen wird.
Eine Studentin berichtete von einem Werbespot, in dem 5 Männer sich um 2 Bikinifrauen in einem Pool versammelten hatten. Sie betonte dann, dass die Männer nicht einfach nur geschaut hätten, sondern sie sagte mit abfälligem Ton „they had this man-gaze“. Nun habe ich schon vorm Spiegel geübt und ich frage mich, ob dieser Man-Gaze ontologisch in mir verwurzelt ist. Ich frage mich zudem, ob es auch einen Christ-Gaze oder Muslim-Gaze gibt. Bei diesen Vergleichen wird klar, dass es Männern auch missfällt, wenn ihr Dasein ontologisch auf eine brutal biologische Daseinsweise reduziert wird. Warum ist der Körper von Männern immer böse und bedeutet Gewalt? Bei Foucault ist dann dieser Gegendiskurs nichts anderes als ein Erwachen der Macht unter neuen Umständen. Kritik muss wohl auch schonend vorgetragen werden, insofern sie ein Diskurs werden soll, der nicht ein neues Machtzentrum installiert. Ansonsten finde ich solche Diskurse doch sinnvoll, warum ich sie auch helfe, zu organisieren. Dennoch Frauen akkumulieren Macht in den neuen, gesellschaftlich bestimmenden Diskursen.
4. Mindawareness-Fare
Auf einer Veranstaltung hier traf ich einen Anhänger, der sich als Anhänger von Techno Khan ausgab. Ich habe dabei an eine Kombination von Techno und …
…gedacht.
Nun ja, sein richtiger Name ist Tich Na Hanh. Er ist Vietnames und wurde 1964 von Martin Luther Kind für den Friedensnobelpreis nominiert. Sein engagierter Buddhismus zielt allerdings nicht darauf in erster Linie die Welt zu verändern. Sondern uns zu verändern. Als er zu einer Grenze in einem Kriegsgebiet reiste und nicht durchgelassen wurde, setzte er sich in der Nähe auf den Boden und trank Tee. Als ihn seine Anhänger fragten, was er damit nun tue, antwortete er, dass er den Krieg beende. „Wie das?“ fragten seine Anhänger erneut und er antwortete: „Ich beende den Krieg in mir selbst.“
Eine Klimawende bedeutet zunächst eine moralische Wende in uns. Eine andere Welt, muss zuerst eine Wende in uns bedeuten. Spiritualität ist in diesem Sinne der Weg, weil sie keine Gegenkraft oder Gegenmacht installiert, sondern mit der Masse des Guten, die Welt zum Maß nehmen bringt.
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Das war’s. Im Mai bin ich in Deutschland auf dem Hegelkongress, falls mich irgendwer gerne sehen möchte, dann schreibt mir bitte auf Facebook. Vielleicht passt es ja. Wenn ihr mir anderweitig folgen wollt, dann added mich doch bitte bei Facebook oder tretet der Facebookgruppe oder der Googleplus Gruppe oben rechts bei. Ein RSS-Feed ist natürlich auch vorhanden. Ansonsten könnt ihr mich gerne anschreiben oder einen konstruktiven (!) Kommentar hinterlassen.
Norman Schultz
Pittsburgh, Ende März 2016