Mit meiner philosophischen Darlegung zur Notwendigkeit, zum Zufall und zum Schicksal plane ich nicht das Weltenei (Abbildung unten) neu zu legen, zu schützen oder zu begründen. Ich sage nur Folgendes, um die Welt zu verstehen, sie in ihrem unaufhaltsamen Lauf zu begründen, müssen wir sie als notwendig denken. Das heißt, wir müssen die Welt immer als eine Welt annehmen, die Gesetzen folgt und damit kausal geschlossen ist (seht hierzu auch meinen Blogbeitrag zu der Vorstellung, dass das Universum die größte Kettenreaktion aller Zeiten seit dem Urknall ist).
Um aber dieses Prinzip der Notwendigkeit philosophisch zu denken und in Anwendung zu bringen, müssen wir das Gegenteil, den Zufall, zumindest in Betracht ziehen. Die strikte Notwendigkeit postulieren wir nur mit Nachdruck, wenn nicht doch auch die Möglichkeit eines Zufalls bestehen könnte. Das Dilemma erklärt sich also so, dass wir einerseits alles nach Gesetzen denken müssen, da wir es andernfalls nicht verstehen; andererseits kennen wir die Gesetze nicht und wir können Zufall für ebenso möglich halten. Wir wissen also nicht, was in Zukunft kommt und versuchen daher die Zukunft vorauszuahnen, nicht aber in der Art, dass uns ein Indianer oder Inder Visionen verkündet. Es hat gute Gründe, warum wir Nostradamüssen nicht mehr vertrauen (obwohl die Esoterik natürlich auf dem Vormarsch ist). Wir wollen Gründe haben, warum etwas in der Zukunft auch notwendig so sein soll. Die Zukunft soll nach Gesetzen entstehen.
Umgang mit dem Ungewissen (unsere Philosophie des Unbegrenzten)
Aufgrund dieser Schwierigkeiten mit unseren Gesetzen spannt sich auch eine Diskussion um den Klimawandel, ob dieser wirklich oder nicht wirklich ist. Weil die Gründe nicht mit lückenloser, logischer Konsequenz einsichtig sind, weil die Realität einfach noch zuviele Variablen offenlässt (wir können ja nichmal das Wetter für die nächsten sieben Tage sicher vorhersagen) und wir immer nur mit Gründen abschätzen, sind leicht Zweifel zu streuen. Und auch weil wir nie sicher sind, dürfen Forscher gegen alle Theorien Einwände erheben.
Jedoch relativiere ich hiermit nicht die Forschung, denn auch die Einwände müssen wohlbegründet sein. Bei diesen Einwänden müssen sich die Forscher darauf einlassen, dass die Welt notwendig zu begründen sei. Es ist ihnen nicht erlaubt, zu fragen. „Was wenn sich morgen die Welt durch Zufall in eine Nichtsblase verwandelt?“ Sie argumentieren im Universum der Gründe und die Welt ist durch diese Gründe von unserem unterstellten Prinzip der Notwendigkeit begleitet. Selbst die Philosophie muss dieses Prinzip immer irgendwie in Anspruch nehmen
Entweder Menschen entscheiden sich für einen Realismus, das heißt die Welt folge notwendigen Gesetzen oder aber sie entscheiden sich für einen philosophischen Idealismus, demnach müssen wir das Prinzip der Notwendigkeit annehmen, um eine einheitliche Welt zu erzeugen, was Welt wirklich ist, wissen wir aber nicht). In beiden Fällen aber schrammen die Menschen damit tatsächlich an einem philosophischen Verständnis der Grenzen ihres Denkens vorbei, da die Frage zunächst hinsichtlich ihres Standpunktes geklärt werden müsste, so wir sie stellen wollten.
Ist der Glaube an Realismus nun aber der Glaube an Materie als letztgültiges Prinzip? Nein, denn so schreibt Nikolaus Cybinski beispielsweise: „Es gibt Zufälle, an denen sind noch die Fingerabdrücke Gottes.“ So schön dieser Aphorismus klingt, er drückt aus, dass der Zufall eben diesmal auf einen hyperphysischen Grund zurückgeführt wird, das heißt einen notwendigen Grund, der außerhalb der Welt liegt, nämlich Gott. Philosophisch betrachtet ist dies auch ein Realismus, denn der Zufall wird als Notwendigkeit gedacht. Die Gesetze existieren unabhängig vom Denken. Es mag für manche Naturwissenschaftler ernüchternd klingen, dass die Philosophie Gottvertreter auch in ihren erlauchten Club der Realisten mitaufnimmt.
Im Gegensatz dazu hat es die Physik irgendwann geschafft, unser starres Notwendigkeitsdenken abzulegen. Als sie mit der Entdeckung der Quantenphysik den Welle-Teilchen-Dualismus überwand, stellte sie die Welt nicht mehr klassisch, bestehend aus kleinen roten Bällen bestehend vor, sondern verlegte sich darauf, die Welt einfach nur zu beschreiben. Sie enthielt sich also einer so genannten metaphysischen Entscheidung. Die Quantenmechanik basiert auf der Idee einer statistischen Vorhersagbarkeit von Ereignissen, wobei kein Grund in einem bestimmten Moment ausgemacht wird. Das heißt nicht, dass es keinen Grund gibt, aber die Physik enthält sich kluger Weise einer genauen Beurteilung und dies ist Philosophie. Es kann sowohl Zufall, als auch verschleiert Notwendigkeit sein, warum sich Elektronen oder meinetwegen auch andere Teilchen so verhalten, wie sie sich verhalten, in jedem Fall aber können wir es beobachten und mittels Wahrscheinlichkeit annähernd beschreiben. Einstein missfiel diese Herangehensweise und er antwortete „Ich bin überzeugt ER würfelt nicht.“ Er wollte wie unsere Aphoristiker die Welt als prinzipiell geschlossenen Notwendigkeitszusammenhang im Geiste Gottes denken. Demnach war Einstein philosophisch betrachtet Realist, also auch kein Philosoph, denn Philosophen machen keine Aussagen über das Unbegrenzbare und Sich-Entgrenzende.
Mit Sicherheit ist es daher falsch, wenn wir Gesellschaften politisch nach der Hoffnung auf das große Los lenken – hier bedarf es der Statistik der Soziologie – aber das Leben selbst verfährt anders. Für das einzelne Leben ist der unwahrscheinlichste Zufall oftmals lebensbejahend und damit gehört der nicht eingrenbare Zufall in die Grenzen des Einzelnen und seine Philosophie. Hier ein paar Beispiele, wo der Zufall leben gerettet hat oder zumindest Unglaubliches für den Einzelnen ausgelöst hat.
Unsere eigene Wirklichkeit können wir nicht nach der Gesetzlosigkeit des Zufalls verstehen. Natürlich ist es nicht notwendig, dass ich die große Liebe finde und es wäre absurd diese vorherzusagen. Umgekehrt ist es aber genauso absurd das eigene Leben nicht unter den Zeichen des Zufalls zu interpretieren. Somit gilt: Mit der Notwendigkeit erhalten wir Gesetze und verstehen die Welt, durch den Zufall aber entsteht der Spielraum für die Interpretation.
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